Camera Obscura auf der Rollfähre

camera-obscura-1.jpgSeit dem jahr 2004 ist ein auf der Fähre ein Kunstobjekt des Isländischen Künstlers Olafur Eliasson inastalliert. Er gilt als einer der großen Stars der Kunstwelt. Auf unserer Rollfähre gelingt es Olafur Eliasson in einer sehr zurückhaltenden, jedoch feinfühligen Art einerseits den Raum einzufangen und andererseits den Blick zu öffnen auf das, was uns ohne Inszenierung alltäglich umgibt. Als besonders spannend ist die Anmutung von Videobildschirmen verbunden mit dem Umstand, dass keinerlei Elektronik die Bilder ermöglicht, zu empfinden.

camera-obscura-2.jpgAuf diesem Schiff trägt Eliasson seine Arbeit aus, die vielmehr eine Situation ist, als ein Kunstobjekt im klassischen Sinn. Die Bordkabine wird zur Black Box, in der eine Camera obscura installiert ist, ein optisches Gerät, das als Prototyp des Fotoapparats gilt. Seit über 2000 Jahren ist bekannt, dass Licht, das durch eine kleine Öffnung in einen abgedunkelten und abgeschlossenen Raum fällt, auf der der Öffnung gegenüberliegenden Wand ein seitenverkehrtes und kopfstehendes Bild erzeugt. Die Camera obscura war Zeichenhilfe, diente der wissenschaftlichen Forschung, aber auch der öffentlichen Unterhaltung.

camera-obscura-3-schema.jpgSchausteller bereisten mit der transportablen und begehbaren finsteren Kammer' die Jahrmärkte und zauberten Farbe und Bewegung der Außenwelt auf magische' Weise ins Innere. Die Camera obscura ist also keine Maschine, die Wirklichkeit simuliert, sie bildet sie ab.

Olafur Eliasson hat das elementare Lochprinzip durch ein System von Linsen und Spiegeln aufgerüstet. Die expansive Weite draußen wird auf zwei Bildschirme ins Innere gekippt. Sie rahmen das Sehfeld ein und ermöglichen die Konzentration auf einen Ausschnitt des Landschaftspanoramas, das an Vitalität und Präsenz eher gewinnt als verliert. Immer wieder ist man beeindruckt, dass die Bilder im Inneren der Camera lebensechter erscheinen, als die Wirklichkeit selbst. Was die Camera obscura jedoch am nachdrücklichsten vermittelt, ist das Element der Bewegung, das Element der Zeitlichkeit. 

Die Benützer der Fähre, die Betrachter, die Beobachter stehen im Zentrum von Olafur Eliassons Seh-und Zeitmaschine. Die simple Armatur intensiviert das Schauen, die Wahrnehmung, das Erlebnis und stellt eine neue Beziehung zwischen den Menschen und der Landschaft her. Die verschiedenen kulturellen Ebenen der Wachau werden angesprochen, der Dialog von Vergangenheit und Gegenwart, die Identifikation von Raum als Ort, die Gegenüberstellung des Momenthaften im Monumentalen, das Aufspüren des Subtilen im Banalen und damit die Entdeckung des Unalltäglichen im Alltag. Ein ästhetisch längst gestalteter, verfügbarer Raum wird durch den so bescheidenen wie hochpräzisen Eingriff plötzlich wieder akut: Olafur Eliassons erweitertes Wachaubild überbrückt die Zeit. 

 Spitz ist zertifizierte Gemeinde

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